Annullierung oder nicht? Die Vereine sollen mitreden

Nur in einer Sache will sich Walter Desch wirklich festlegen in diesen Tagen der Ungewissheit und des Abwartens. „Die Annullierung der Saison bleibt für mich der Worst Case, der wirklich ungünstigste Fall“, sagt der Präsident des Fußballverbandes Rheinland (FVR). Entsprechend hält er sich bedeckt, angesichts des bis Mitte Februar verlängerten harten Lockdowns den Abbruch der zweiten Corona-Saison in Folge in den Fokus zu rücken. Deschs Ziel bleibt stattdessen weiterhin, die Hinrunde abzuschließen, um ein „belastbares Ergebnis“ zu haben. „Das ist auch das, was in den allermeisten Landesverbänden versucht wird“, berichtet der FVR-Präsident.

Doch was heißt das für die Vereine? Am 27. Oktober hat der FVR seinen Spielbetrieb nach gerade einmal zwei „normalen“ Monaten wieder heruntergefahren, um drei Wochen später fünf Modelle in den Raum zu stellen, wie es weitergehen kann. War damals noch die Hoffnung, vielleicht schon im Januar den Re-Start wagen zu können, wurde später ein Beginn vor Ende Februar ausgeschlossen.

Inzwischen hat sich die Corona-Lage nicht maßgeblich geändert, von einer wirklichen Verbesserung ganz zu schweigen. Doch es sind weitere Wochen ins Land gezogen, wodurch klar ist: Von den ursprünglich fünf Szenarien sind gerade mal noch zwei übrig geblieben: Hinrunde abschließen oder die Saison annullieren.

„Ich bleibe bei meiner Linie und warte ab, statt zu spekulieren“, skizziert Desch sein Vorgehen. „Erst dann können wir auch Fakten schaffen.“ Aktuell gebe es auch nach den Entscheidungen der Kanzlerin und ihrer Ministerpräsidentenrunde „weder die Möglichkeit noch die Notwendigkeit“, sich auf einen Weg festzulegen. Nach der Aussage, vor dem 27. Februar nicht anzufangen, habe man im Rheinland im Gegensatz zu anderen Landesverbänden auch keine Spiele angesetzt. „Das war doch reiner Aktionismus“, sagt Desch und liegt damit auf einer Linie mit Bernd Schneider, seinem Spielausschussvorsitzenden. Der betont aus der Erfahrung der vergangenen Monate: „Ich habe aufgehört, Termine festzulegen. Denn am nächsten Tag kann ich eh wieder alles über den Haufen werfen.“

Der Fußball und seine Funktionäre haben gelernt, sich mit der Pandemie zu arrangieren. Doch haben die Verantwortlichen auch schon resigniert? Desch würde die Frage klar verneinen, vielmehr scheint das Handeln geprägt von Pragmatismus und Realismus. Priorität hat der Abschluss der Hinrunde, was möglich sei, wie Desch und Schneider glauben. „Ich hoffe einfach, dass wir nach Ostern wieder spielen dürfen“, sagt der Präsident mit Blick auf den Kalender. „Wenn das klappt, dann bekommen wir die Vorrunde hin.“ Sollte es darüber hinaus möglich sein, in manchen Ligen auch noch Play-off-Runden auszutragen, stehe er dem nicht im Wege. „Da haben die Kreise für ihre Klassen freie Hand.“

Doch was passiert bis zum denkbaren Neuanfang nach vielleicht gut fünf Monaten Pause? Wie im vergangenen Jahr, als aus der Unterbrechung Mitte März 2020 am Ende ein Saisonabbruch wurde, der zwar Aufsteiger hervorbrachte, aber keine Absteiger, setzt Desch auf Dialog. „Ich plane im Februar fünf Videokonferenzen mit den Vereinen“, kündigt der FVR-Boss an. Er holt die Basis also wieder mit ins Boot, um ein Stimmungsbild zu bekommen, das über seine eigene Einschätzung, die der Verbandsgremien und Kreise hinausgeht. „Wenn am Ende herauskommt, dass alle die Annullierung wollen, dann machen wir das“, gibt sich Desch betont demokratisch. Doch zum jetzigen Zeitpunkt will er sich mit dieser vielleicht naheliegendsten und einfachsten Lösung noch nicht abfinden.

Für den Spielausschussvorsitzenden Bernd Schneider ist aktuell nur eine Sache klar: „Je später wir anfangen, desto unwahrscheinlicher wird es, dass wir ein sportliches Ergebnis für diese Saison bekommen.“ Deswegen setzt der Funktionär aus Wissen bereits einen Schwerpunkt: „Der Pokal genießt Priorität, den wollen wir durchziehen.“ Dies halte er auch dann für möglich, wenn parallel die Ligen wieder ihren Spielbetrieb aufgenommen haben sollten. Hintergrund ist dabei – wie in der Vorsaison –, dass es sowohl für die Vereine, aber auch für den Verband im Pokal um bares Geld geht.

Für die Verbandsklassen setzt Schneider den 13. Juni als fixes Datum für das Ende der Saison, Desch kann sich vorstellen, auch darüber hinaus noch zu spielen. „Wenn wir die Hinrunde abschließen können und noch Zeit ist, dann wären weitere Begegnungen etwa als Freundschaftsspiele denkbar“, sagt er und verweist darauf, man müsse flexibel bleiben. Dass es dabei aber auch Grenzen gibt, macht Schneider klar. Realistisch betrachtet, sei einiges, was vielleicht denkbar ist, Utopie. Und so betont der Spielausschussvorsitzende: „Ich werde nichts unter unmenschlichen Bedingungen durchziehen.“

[Quelle: Rhein-Zeitung]

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