Er ist 19 Jahre alt, ist sportinteressiert und wusste wie so viele junge Erwachsene nicht, was er nach seiner Schullaufbahn machen soll. Daher hat sich Bastian Formella zu etwas ganz Besonderem entschieden: Er macht seinen Bundesfreiwilligendienst (BfD) in einem Sportverein.
Aber wie kann das eigentlich funktionieren ohne einen festangestellten Mitarbeiter? Wie läuft es strukturell ab? Und was möchte er nach seinem FSJ machen? Die Rhein-Zeitung hat bei Formella, bei Marc Göttlicher, Vorsitzender des SV Kripp, und bei Tim Görres, der für die Gesamtkoordination der Freiwilligendienste beim Landessportbund Rheinland-Pfalz zuständig ist, nachgefragt.
Die Ziele, die die Sportjugend mit dem Freiwilligendienst verfolgt, sind aus zwei Perspektiven zu betrachten, sagt Görres: “Aus Sicht der Freiwilligen möchten wir ihnen erste Erfahrungen im (Berufs-)Feld Sport ermöglichen und ihnen mit den Freiwilligendienst einen Raum zur persönlichen Entwicklung geben”, und ergänzt: “Aus Sicht der Vereine beziehungsweise des organisierten Sports bringt der Freiwilligendienst auch viele positive Effekte. Das Ehrenamt im Verein bekommt weitere Unterstützung und es können zusätzliche Projekte umgesetzt werden, was letztendlich zu mehr Bewegungs- und Sportangeboten für junge Menschen führt.”
Formella hatte einen guten Grund um sein BfD zu absolvieren: Zwar hat er seine schulische Laufbahn erfolgreich nach der zwölften Klasse absolviert, jedoch fehlt ihm der praktische Teil, damit ihm formell die allgemeine Fachhochschulreife anerkannt wird. Daher hat er direkt nach seiner Schullaufbahn eine Bewerbung an den SV Kripp geschrieben. Einem Verein, bei dem er mal drei Jahre selbst Fußball spielte. Die Bewerbung kam direkt bei Göttlicher an, der anschließend mit Formella einen Termin vereinbarte und den 19-Jährigen quasi als BfDler “verpflichtet” hat. Formella ist in verschiedenen Bereichen eines Sportvereins aktiv, wobei er grundsätzlich nie alleine Kindergruppen betreuen soll: “Er soll grundsätzlich nie alleine das Training bewerkstelligen. Er soll unterstützen”, erklärt Göttlicher. Daher trainiert Formella derzeit die Kripper F-Jugend, zwei Bambinimannschaften, das Mädchenteam und unterstützt beim Kinderturnen sowie bei der Hobby-Tischtennisgruppe. Dennoch fallen in einem Sportverein noch weitere Tätigkeiten an, bei der Formella das Vorstandsteam um Marc Göttlicher unterstützt. Beispielsweise bei der Bearbeitung von Formularen, bei Veranstaltungen oder als Turnierleitung. Das Tagesprogramm von Formella sieht daher täglich anders aus.
Der SV Kripp ist ein Breitensportverein mit verschiedenen Sparten, der sich nicht nur auf Fußball konzentriert. Neben Fußball (zehn Jugendmannschaften, zwei Herrenteams und eine Damenmannschaft) werden die Abteilungen Gymnastik, Fitness, Kinderturnen, Karneval, Gardetanz und Freizeitsport angeboten. Als Göttlicher seiner Zeit auf die Idee kam, dass ein BfDler in der Vereinsarbeit unterstützen kann, hat er sich vor allem eine Frage gestellt: “Welche Aufgaben hat ein Verein, die man abgeben kann?” Ihm und seinen Vorstandskollegen sind dabei einige organisatorische Aufgaben eingefallen, wie beispielsweise Botengänge oder Schreibtischarbeiten. Bezahlt wird Formella aus den laufenden Mitteln des Vereins. Beim SV Kripp wird der 19-Jährige wie ein Übungsleiter behandelt: “Das funktioniert, weil wir gut aufgestellt sind. Er ist eine Unterstützung für den Verein”, erklärt Göttlicher.
Aller Anfang ist schwer. So auch bei Bastian Formella, der berichtet, dass es kein leichter Berufseinstieg war und ihm die Arbeit am Anfang schwerfiel: “Mit der Zeit wird es auf jeden Fall besser, als noch am Anfang.” Auch Marc Göttlicher zeigt sich zufrieden: “Dieses Jahr haben wir ein gutes Beispiel”, und ergänzt: “Wenn man gewillt ist, klappt das auch in einem Verein.” Göttlicher ist sich sicher, dass ein junger Erwachsener, der die internen Abläufe eines Vereins noch nicht kennt, erstmal in die Aufgabe und das Team hineinwachsen muss. Aber diese Zeit geben sie den jungen Erwachsenen gerne, so Göttlicher.
Laut Görres können sich die jungen Erwachsenen im Freiwilligendienst verschiedene Dinge aneignen: “Man lernt das Berufsfeld Sport kennen, sammelt Erfahrungen im Berufsalltag und viele Soft Skills – vor allem im Auftreten vor Gruppen. Zudem hat man die Möglichkeit eine Übungsleiter- oder Trainerlizenz kostenlos zu erwerben innerhalb der 25 Seminartage, die jeder Freiwillige absolviert.” Diese Seminartage können ganz verschieden gestaltet werden. Mal stehen Gruppenspiele im Vordergrund, während andere Seminartage eher theoretisch gehalten werden. Beispielsweise geht es auch um Rechten und Pflichten eines FSJlers. Das Abschlussseminar findet stets in Oberjoch im Allgäu statt.
Bastian Formella hat eine klare Meinung: “Man sollte diesen Freiwilligendienst nur machen, wenn man mit Kindern umgehen kann. Und man sollte von einem BFDler nicht zu viel erwarten”, sagt er und ergänzt: “Es bringt einen in die Berufswelt rein. Es ist lediglich der Einstieg.” Derzeit bewirbt er sich für die Zeit nach seinem BFD, welches noch bis Ende August geht, für ein Jahr als Au-pair in Amerika. Wie es danach weitergeht, weiß der 19-Jährige noch nicht: “Ich habe viele Optionen. Eventuell sogar studieren”, berichtet er. Aber auch die Bundeswehr könnte er sich vorstellen. Den Trainerjob findet Formella durchaus interessant, dennoch geht der Beruf erstmal vor.
An seinen Nachfolger hat der 19-jährige Formella einen guten Rat: “Man sollte sich sicher sein, dass man auf jeden Fall mit Kindern arbeiten kann. Man sollte den Freiwilligendienst zudem nur in Betracht ziehen, wenn man was davon hat”, berichtet er abschließend, wobei er nur positiv von seinem Bundesfreiwilligendienst berichten kann. Göttlicher hofft derweil in diesem Jahr einen neuen Ehrenamtler für den Bundesfreiwilligendienst finden zu können. Üblicherweise bekommt der Vereinsvorsitzende die Bewerbungen zum Ende der Schulzeit der Jugendlichen beziehungsweise zu Beginn der Sommerferien. Wer Interesse hat, kann sich gerne per Mail an marc.goettlicher@sv-kripp bei ihm melden.
Quelle: Rhein-Zeitung vom 08.05.2024